Burger menu navigation

Experteninterview: Klischeefreie Berufswahl

Berufe ausprobieren und Talente entdecken

Eva Perkmann, Projektleiterin für Berufsorientierende Maßnahmen von Euro-Trainings-Centre ETC in München, unterstützt Schülerinnen und Schüler der 7. bis 9. Klasse. Die Jugendlichen entdecken unvoreingenommen Berufe und probieren aus, was ihnen Spaß macht.

Porträtbild von Eva Perkmann

Eva Perkmann:

Projektleiterin des Euro-Trainings-Centre ETC

"Das Geschlecht soll bei der Berufswahl keine Rolle spielen."

(Eva Perkmann)

planet-beruf.de: Wie setzen Sie ein klischeefreies Programm um?

Eva Perkmann: Wir besuchen mit den Schülerinnen und Schülern Fachschulen, Berufsschulen und machen Betriebsbesichtigungen. Außerdem bekommen sie in unseren Werkstätten von einem Beruf das ganze Spektrum mit. In der Metallerkundung feilen sie Schlüsselanhänger, sie sägen, stanzen und sprechen dabei mit einer Meisterin oder einem Meister. Auch in den Bereichen Holz, Gastronomie und Pflege probieren sich die Jugendlichen aus, um zu sehen, was ihnen Spaß macht und ob sie ein Talent dafür haben. Wir schauen uns die Berufsbilder unvoreingenommen an und analysieren sie nach den Fähigkeiten, die man dafür braucht. Dabei erfahren die Jugendlichen, dass es keine Berufe gibt, die man als Junge oder Mädchen besser oder schlechter ausüben kann. Das Geschlecht soll bei der Berufswahl keine Rolle spielen.

planet-beruf.de: Wie lange dauert Ihr Programm und wer nimmt daran teil?

Eva Perkmann: Es gibt 5-Tages- oder 8-Tagesprogramme, zweiwöchige Praxisklassen und weitere Angebote zur Berufsvorbereitung. Die Schulen bewerben sich um eine Teilnahme, die von der Agentur für Arbeit gefördert wird. Die Teilnehmenden kommen von Mittel- und Förderschulen. Je nach Fähigkeiten und Interessen besuchen sie mit uns Gastronomie- oder Industrieküchen, eine Massageschule oder ein Pflegeheim. Sie schauen sich den Unterricht in einer Berufsfachschule für Pflege an und lernen in Praxistagen bei uns, wie sie Blutdruck messen und einen Verband anlegen.

planet-beruf.de: Was kommt bei den Schülerinnen und Schülern gut an?

Eva Perkmann: Wenn jemand, der jahrzehntelang seinen Beruf mit Freude ausgeübt hat, mit Begeisterung von seiner Tätigkeit erzählt. Das kann eine Busfahrerin oder eine Polizistin sein, ein Orthopädietechniker, ein Pflegefachmann oder ein Bäcker- oder Konditormeister, die wir einladen oder mit denen wir in ihrem Berufsalltag sprechen.

planet-beruf.de: Welche Perspektiven ergeben sich daraus für Schülerinnen und Schüler?

Eva Perkmann: Vielen wird nach ein paar Tagen klar, dass kein Beruf unmöglich ist. Wir geben ihnen die Möglichkeit, dass sie Kontakte knüpfen, nach einem Praktikum fragen und eine Zusage bekommen. Wir sprechen darüber, wie sie sich weiterentwickeln können und welche Chancen sie nach einer abgeschlossenen Ausbildung haben.

planet-beruf.de: Können Sie uns aus Ihrer Arbeit eine Erfolgsstory nennen?

Eva Perkmann: Viele unserer Schülerinnen und Schüler haben Migrationshintergrund und es gibt Kulturen, in denen das Rollenmodell fest verankert ist. Da freuen wir uns, wenn sich jemand gegenüber seiner Familie oder seinen Freunden behaupten kann. Wir waren zum Beispiel bei einem Münchner Busunternehmen. Ein Mädchen hat dort, in einer klassischen Männerdomäne, ein Praktikum gemacht. Es überlegt nun, Busfahrerin zu werden. Oder der Junge, der Pfleger wurde, nachdem er bei einem Pflegeheimbesuch und einem Vormittag mit einer Pflegefachfrau viele praktische Sachen ausprobiert hat, die ihm gefallen haben.

planet-beruf.de: Welche positiven Erfahrungen möchten Sie an Lehrkräfte weitergeben?

Eva Perkmann: Ein Fazit von berufsorientierenden Angeboten ist, dass junge Menschen, die in der Schule im Theoretischen nicht die besten Ergebnisse abliefern, in so einer Woche glänzen können. Unsere Programme zur Berufsorientierung schaffen den Bezug zwischen der Theorie und dem Beruf und vermitteln, wozu erworbenes Wissen später gebraucht wird. Aktionen wie Tage der offenen Tür, Berufsmessen sowie der Girls'Day und Boys'Day sind eine gute Ergänzung.

Übrigens: Der nächste Aktionstag zur klischeefreien Berufsorientierung für Jungen und Mädchen findet am 27. April 2023 statt.

Berufsorientierende Maßnahmen (BOM)

Die Agentur für Arbeit kann Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender Schulen durch vertiefte Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung fördern. Außerdem werden die besonderen Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf berücksichtigt. Die Schulen bewerben sich um die Teilnahme an verschiedenen Programmen der Berufsorientierenden Maßnahmen bei ihrer Agentur für Arbeit.

Seite bewerten:

Stand: