Experteninterview: Aus- und Weiterbildung im Bereich Erneuerbare Energien
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Der Ausbau erneuerbarer Energien ist nicht nur eine wichtige Herausforderung für die Zukunft, er bringt auch eine Veränderung der Berufslandschaft mit sich. Krischan Ostenrath ist Koordinator des Netzwerk Grüne Arbeitswelt. Er informiert über die Branche und gibt Tipps für Jugendliche.
Krischan Ostenrath:
Koordinator Netzwerk Grüne Arbeitswelt
planet-beruf.de: Welche Energiequellen zählen zu den erneuerbaren Energien?
Krischan Ostenrath: In Deutschland sind Windenergie, Bioenergie und Solarenergie relevant. Wobei man bei der Solarenergie nochmal unterscheidet zwischen Solarthermie, also der Erzeugung von Wärme aus Sonnenenergie, und der Fotovoltaik, sprich der Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie. Wasserkraft ist die vierte Quelle, allerdings hat sie mit Blick auf den Arbeitsmarkt in Deutschland nur einen geringen Stellenwert. Die fünfte Energieform ist die Geothermie bzw. die Erdwärme. Diese spielt aber auch nicht so eine große Rolle, da wir hier einfach kaum geologische Voraussetzungen dafür haben.
planet-beruf.de: Welche Berufe zählen zu dieser Branche?
Krischan Ostenrath: Häufig werden die erneuerbaren Energien auf die technische Dimension reduziert. Oder auch auf die handwerkliche. Und das ist auch nicht ganz falsch, weil wir von einer Umwelttechnologie reden. Es gibt aber auch klassische Berufe wie beispielsweise Landwirt/in, der gleichzeitig auch Energiewirt/in ist, wenn eine Bioenergieanlage auf dem Hof steht. Handwerksberufe wie Dachdecker/in oder Schornsteinfeger/in zählen auch dazu, genauso Berufe wie Bauzeichner/in oder technische/r Systemplaner/in - die Palette ist riesengroß. Wenn man bedenkt, dass die meisten Unternehmen in dem Bereich nicht nur Handwerker/innen oder Techniker/innen beschäftigen, sondern zum Beispiel auch Leute in der Verwaltung, in der Buchhaltung, dem Vertrieb oder auch der Geschäftsführung, dann ist das Spektrum erheblich.
Die grundständigen Ausbildungen sind in der Regel gekoppelt mit Weiterbildungsberufen. Wer zum Beispiel Brunnenbauer/in gelernt hat, kann später noch eine Weiterbildung zum/zur staatlich geprüften Techniker/in - Bohrtechnik machen. Die erneuerbaren Energien sind daher eher ein Berufsfeld, zu dem viele Wege führen können.
Ich rate jungen Menschen, die eine Ausbildung in diesem Bereich machen wollen, sich mit den Ausbildungsbetrieben auseinanderzusetzen und auf deren Spezialisierungen zu achten. Denn der Ausbildungsberuf alleine sagt oft nichts über die tatsächliche Tätigkeit aus.
"Die Branche ist sehr innovativ und die Techniken werden immer weiter optimiert."
(Krischan Ostenrath)
planet-beruf.de: Welche Vorteile bietet eine Aus- oder Weiterbildung in diesem Bereich?
Krischan Ostenrath: Die Branche ist sehr innovativ und die Techniken werden immer weiter optimiert. Das mag manche Leute reizen, andere wiederum abschrecken. Die Verdienstmöglichkeiten sind grundsätzlich gut. Zudem sind Berufe mit erneuerbaren Energien relativ krisensicher. Natürlich kann es auch hier Insolvenzen geben, wenn sich beispielsweise die Produktion ins Ausland verschiebt. Allerdings finden Installation und Wartung in der Regel vor Ort statt, es kommt demnach auf den Beruf an. Die Unternehmen sind meist sehr daran interessiert, Weiterbildungen zu fördern, weil für verschiedene Tätigkeiten bestimmte Abschlüsse erforderlich sind. Häufig sind es staatlich geprüfte Abschlüsse, die von den Kammern angeboten werden, oder es sind Herstellerschulungen. Auf jeden Fall ist man mit Zusatzqualifikationen als Fachkraft attraktiver für den Arbeitsmarkt. Die Entwicklung ist viel zu dynamisch, um nach der Ausbildung mit dem Lernen aufzuhören - Stichwort: lebenslanges Lernen. Ein weiteres Stichwort ist Nachhaltigkeit: In den jüngeren Generationen wird Wert darauf gelegt, mit der Beschäftigung zu einem nachhaltigen Ganzen beizutragen.
planet-beruf.de: Welche Stärken und Fähigkeiten sollten Jugendliche für Berufe im Bereich erneuerbare Energien mitbringen?
Krischan Ostenrath: Die Stärken und Fähigkeiten unterscheiden sich stark innerhalb der Branche. Technisches Verständnis und handwerkliches Geschick wird aber in vielen Berufen vorausgesetzt. Oftmals sind auch Mobilitätsbereitschaft und Zuverlässigkeit wichtig. Da der Arbeitsmarkt in diesem Bereich so ausdifferenziert ist, kann man aber sagen: Mit fast jedem Kompetenzprofil findet man eine Beschäftigung in Berufen rund um erneuerbare Energien. Schülerinnen und Schüler sollten in jedem Fall ihre Stärken kennen und entsprechend nach einem für sie geeigneten Beruf suchen. Was häufig unterschätzt wird, sind EDV-Kenntnisse. Berufe rund um erneuerbare Energien sind mittlerweile fast vollständig durchdigitalisiert. Ein weiterer Punkt sind Englisch-Kenntnisse. Vor allem im Bereich Service und Wartung wird teilweise Englisch gesprochen. Die Anlagen haben auch oft englischsprachige Anleitungen.
planet-beruf.de: Haben Sie Tipps für Jugendliche, die sich für eine Ausbildung in diesem Bereich interessieren?
Krischan Ostenrath: Wichtig ist, dass sie sich mit dem Thema und dem Arbeitsmarkt beschäftigen. Die Initiative muss immer von den Jugendlichen ausgehen. Auf jeden Fall empfehle ich, sich in Praktika selbst auszuprobieren. Wer Solarpanels installieren will, muss ja nicht unbedingt Dachdecker/in werden, sondern kann das auch als Elektroniker/in tun. Aber das bekommt man nur heraus, indem man mehr macht als das schulische Pflichtpraktikum. Die allermeisten Betriebe sind offen für Hospitationen. Denn wenn das gut läuft, haben sie eventuell schon einen Azubi oder eine Azubine gefunden.
Ausbildung für junge Menschen mit Behinderungen
Jugendliche mit Behinderungen können auch im Bereich erneuerbare Energien eine Beschäftigung finden. Möglich ist zum Beispiel eine Ausbildung zum/zur Fachpraktiker/in für Anlagenmechaniker SHK, zum/zur Fachpraktiker/in für Dachdecker/in oder zum/zur Fachpraktiker/in für Elektroniker.
Informieren Sie sich weiter mit dem Online-Heft Deine Zukunft: Berufe rund um erneuerbare Energien für Schülerinnen und Schüler. Es erscheint am 15.11.2023 hier auf planet-beruf.de.
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